Erkenntnisse
Der Kampf ums Ich
Total genervt hast du dich umgedreht und bist gegangen. Du hast die Tränen übersehen, hast das Flehen ignoriert. Du wolltest niemandem weh tun und hast es dennoch getan. Erklären wolltest du dich nicht, wolltest nur verschwinden, schnellst möglich. Doch brachte man dich dazu dich zu rechtfertigen, deine Phantasie anzustrengen, scheinheilige Ausflüchte zu erfinden, um dein Selbst vor der Wahrheit zu schützen.
Von Mal zu Mal wird klarer, was du vom Leben zu erwarten hast, was es von dir erwartet. Erfüllen konntest du weder deine Wünsche, noch die Erwartungen anderer. Warum weißt du jedoch nicht.
Wiedermal endete es mit einer Szene, die du dir selbst ersparen wolltest. Du wolltest ihn nicht verletzten, doch hatte er andere Vorstellungen, Ziele, Wünsche, Träume, scheinbar unvereinbar mit den deinen. Er wollte, was du ihm nicht geben konntest, was du ihm nicht geben wolltest. Er plante, du wolltest dich nur überraschen lassen, abwarten.
Schließlich gingst du den einzig möglichen Weg, deinen Weg. Du nahmst in Kauf auch den Freund in ihm zu verlieren, doch ließ er sich nicht beirren. Er begann zu kämpfen und mit jedem Gefecht wurde er dir fremder.
Nun, da du wieder frei bist, von jeglicher Verpflichtung und Zwang, geht es dir besser. Ein Problem ist aus der Welt, welches dich wochenlang beschäftigte. Doch dauert es nicht lange bis du erkennst, daß nicht er dein Problem war. Andere Dinge sind viel entscheidener für dein Unwohlsein, doch kannst du sie nicht bennen. Das gute Gefühl der Freiheit schwindet und macht dem üblen Beigeschmack von Lethargie und Depression Platz. Die Gedanken schweifen durch die letzten Monate und Jahre, schweifen von Beziehungen über Freunde und Familie, über deine Träume und Ziele, hin zu deiner Zukunft.
Mit jedem Tag scheint deine Situation auswegloser. So oft wolltest du etwas ändern, dein Leben in die Hand nehmen und immer wieder schwand die Motivation. Gescheiterte Beziehungen waren genug Grund für Selbstmitleid, verpaßte Chancen Grund für den Rückzug in dein kleines Reich, Zwistigkeiten Grund für das Schließen von Türen, die den wichtigsten Menschen deines Lebens offen standen.
Hin und wieder hattest du Gelegenheit endlich alles loszuwerden, dich auszusprechen. Doch wolltest du unangreifbar sein, immer den schönen Schein wahren und dich selbst nicht erkennen. Doch ließ dir dein Leben nun keine Möglichkeit mehr die Augen zu verschließen. Die Gefechte des Verlassenen zeigten dir, was du nicht sehen wolltest. Solang du auch versuchtest wegzusehen, es blieb dir nichts als zu erkennen. Nun siehst du, daß der Kampf, den er um dich führte, der war, den du vor Monaten für dich beginnen hättest sollen.
Er ist gegangen, hat den Kampf verloren und aufgegeben. Dein eigener Kampf währt ewig, mal bist du dabei aufzugeben, mal glaubst du den Sieg vor Augen zu haben. Es ist hart und wird von Gefecht zu Gefecht schwerer, doch hoffst du, daß der nächste Krieger dich in deinem Kampf ums Ich erneut bestärkt, dich wieder ein kleines Stück mehr erkennen läßt. Und selbst wenn er den Weg nicht zuende gehen wird, du ihn nicht gehen läßt, kannst du voller Dankbarkeit an ihn denken und lächeln. Jenes Lächeln welches Du hin und wieder verloren glaubst. Und umso fremder er Dir wird, umso näher wird er Dir sein. |